Fate of the Seas

Kimiko - Erinnerungen


Diese Episode ist der Wettbewerbsbeitrag von der lieben lulu. Ich finde diese kleine Geschichte voll süß, lest sie euch unbedingt durch!



Nanairo no kaze ni fukarete… 

Diese Melodie… Ich kenne sie! Ganz leise, kaum hörbar und doch ist sie da. Ich schließe  die Augen, um mich mehr auf die Melody konzentrieren zu können. 

...tooi misaki wo mezashiteta…

Langsam wird die sanfte Melodie lauter. Erinnerungen kommen hoch. Erinnerungen, die ich  weggesperrt habe. Erinnerungen, die ich seit meiner Kindheit versuche zu verdrängen. Ein  Sturm erscheint vor meinem inneren Auge und geschockt öffne ich sie. “Wo bin ich?” 

Unter mir befindet sich das weite Meer. Doch es ist alles andere als ruhig. Ein Sturm tobt.  Wellen barsten sich auf und peitschen gegeneinander. Der Wind schlägt mir um mein  Gesicht. Schützend halte ich meine Arme vor den Kopf. Was geht hier nur vor sich? Erst als  ich unter meinen schützenden Armen hervorschaue wird mir bewusst, dass ich schwebe.  Unter mir sehe ich eine kleine Meerjungfrau die versucht, gegen die Wellen anzukommen.  Selbst von hier oben erkenne ich den panischen Ausdruck in ihren Augen. Wieder mal wird  mir schmerzlich bewusst, wie sehr ich das Meer hasse. Ich weiß, dass das komisch klingt,  vor allem wenn man bedenkt, dass ich eine Meerjungfrau Prinzessin bin. Zwar eine  verstoßene, aber… Ein verzweifelter Schrei holt mich zurück in die Gegenwart. Die kleine  Meerjungfrau unter mir wird von den Wellen weg geschleudert. Was soll ich nur tun? Mich in  das Meer stürzen? Angst kommt in mir hoch, als ich auf das unruhige Meer schaue. Doch  bevor ich etwas unternehmen kann, blendet mich ein strahlend weißes Licht. Es ist warm  und nimmt mir die Angst. Langsam öffne ich wieder meine Augen. Der Sturm ist vorbei. Es  ist überstanden. Ruhig, als ob nie etwas gewesen wäre, liegt das Meer unter mir. Verdammt!  Wo ist die kleine Meerjungfrau? Panisch sehe ich mich um und entdecke sie schließlich.  Rechts von mir, auf einer kleinen Insel ist sie gestrandet. Sie bewegt sich nicht mehr.  Hoffentlich ist sie am Leben! Als ich ihr langsam näher komme, weiten sich meine Augen.  “Das...das kann nicht sein!!? Das… bin.. das bin ich!!”

Nun erinnere ich mich. Die ersten Tage, nach denen ich von meinem Reich verstoßen  wurde, weil meine Perle und Flossenfarbe nicht schwarz, so wie im restlichen Reich,  sondern weiß waren, bin ich ohne Ziel umhergeirrt. Ich habe viel geweint, hatte Angst und  wusste nicht wohin. Und dann kam dieser schreckliche Sturm, den ich schon längst  vergessen habe… So sehr habe ich versucht, die schlimmen Dinge zu verdrängen, dass ich  dabei auch die Guten vergessen habe.

Die kleine Kimiko:  Langsam öffne ich meine Augen und kurz habe ich die Orientierung verloren. Was ist  passiert? Ich richte mich mit meinen Armen auf. Warum liege ich auf einer Insel? Mit einem  Schlag erinnere ich mich wieder an den Sturm und ich spüre, wie Tränen in meine Augen  steigen. Ich schluchze. Fühle mich hilflos.Wie konnten sie es nur tun? Sie haben mich  ausgesetzt. Mitten im Meer. Ohne mit der Wimper zu zucken!  Alle hassen mich.   Immer noch schluchzend robbe ich mich zurück ins Meer. Wo soll ich nur hin? Wütend und  traurig schaue ich zu meiner weißen Flosse. Warum kannst du nicht schwarz sein, so wie  die von meiner Schwester? Ja, meine Schwester ist perfekt. Ihre Flosse und Perle ist  schwarz, so wie es sich in unserem Reich gehört. Sie ist die Prinzessin und hat mich  genauso verstoßen wie alle anderen. Tränen laufen über mein Gesicht. Das Grummeln  meines Bauches lässt mich auffahren. Wie lange habe ich nichts mehr gegessen? 1 Tag? 2  Tage? Ich weiß es nicht. Ich tauche tief in das Meer und meine Angst wird immer größer.  Wo soll ich nur hin?

Eine ganze weile schwimme ich schon umher. Ich begegne nur wenigen Fischen und  überhaupt keiner Meerjungfrau. Ich weine nicht mehr, aber kann die Schluchzer nicht immer  aufhalten. Ich achte schon gar nicht mehr darauf, wo ich hin schwimme. Einfach immer  gerade aus. Ohne Ziel. Ohne Hoffnung. Ohne Familie. Nein! Ich will doch nicht mehr  weinen…

“AUA!”, ich habe so meinen Gedanken nachgehangen, dass ich nicht einmal den Delfin  direkt vor mir gesehen habe. Ich streiche über meine Nase, während sich der Delfin zu mir  umdreht. Er scheint bereits ausgewachsen zu sein, ist pink und schaut mich freundlich an:  “Oh, hast du dich verschwommen, kleine Meerjungfrau?” Verwirrt schaue ich den Delfin an.  Was soll ich schon groß antworten? Das ich ausgesetzt wurde? Das ich kein Zuhause mehr  habe? Plötzlich habe ich Angst, dass der freundlich ausschauende Delfin meine  Flossenfarbe sieht. Vielleicht verstoßt er mich auch? Schnell verstecke ich meine Flosse  hinter meinem Rücken und schaue ihn schüchtern an. Doch dieser lacht nur. “Was  versteckst du dich denn, kleine Meerjungfrau? Du solltest stolz auf das sein was du bist!”.  Der Delfin stupst mich mit seiner Schnauze an, worauf ich lachen muss. “Ich heiße übrigens  Pipi. Wie heißt du?” “Mein Name ist… Kimiko.” Schon lange war keiner mehr so freundlich  zu mir. Glücklich lächele ich den Delfin an. “Kimiko, das ist aber ein schöner Name! Und was  machst du ganz allein hier draußen?” Das Lächeln auf meinem Gesicht verschwindet und  bedrückt schaue ich zu Boden. “Ich habe kein Zuhause mehr und weiß nicht, wo ich hin  gehen soll”. Was wird Pipi jetzt tun? Ob er mich auch verstoßt? Wieder spüre ich Tränen in  meinen Augen. “Kein Zuhause mehr? Das hört sich aber schlimm an! Wie wärs, wenn du  mich eine Weile begleitest?” Überrascht schaue ich auf und blicke direkt in das lächelnde  Gesicht des Delfins. Ist das sein Ernst? Überglücklich nicke ich: “Oh jaaa! Das wäre super!”.

Wir schwimmen eine Weile nebeneinander her, erzählen uns Geschichten und lernen uns  näher kennen. Für eine kurze Zeit vergesse ich, dass ich kein Zuhause mehr habe und nicht  weiß, wo ich hin soll. Pipi erzählt mir, dass er eine Familie hat und auf dem Weg zu dieser  ist. Er erzählt von den weiten Weltmeeren, verschiedenen Fischarten, Pflanzen und von  Menschen. Letztere leben auf dem Festland in großen Häusern. Pipi schwärmt gerade zu  von ihnen. Mit großen Augen folge ich seinen Erzählungen. Wie schön muss es sein, ein  Mensch zu sein? Als ich Pipi von dieser Überlegung erzähle, schaut er mich verwirrt an.  “Aber du bist doch eine Meerjungfrau!?” “Ja, aber ich wäre viel lieber ein Mensch!” “Aber  Kimiko, als Meerjungfrau kannst du jederzeit an Land gehen und verwandelst dich dann in  einen Mensch!”. Ich bleibe stehen und schaue ihn geschockt an. “Waaaaas?” Der Delfin  lacht “Wusstest du das denn nicht? An Land verwandeln sich deine Flossen zu  Menschenbeinen!”. 
Begeistert betrachte ich meine Flosse. Ich würde Beine haben. Und wäre fort vom Meer. 
Meine Flosse, die mich ständig daran erinnert, wo ich herkomme und  was passiert ist, wäre fort. “Kannst du mich zum Festland bringen?” Mit großen Augen starre  ich den Delfin an. “Bitte! Bitte!”. Dieser überlegt kurz. “Klar, ich bringe dich hin, aber pass  auf, dass dich in dieser Gestalt kein Mensch sieht!”. “Versprochen!”.     Nach einer, wie es sich für mich an fühlt, halben Ewigkeit halten wir schließlich an. “Wir sind  da. Das vor uns ist das Festland von Japan.” “Vielen, vielen Dank für alles Pipi!” Ich umarme  ihn und schwimme Richtung Wasseroberfläche. “Pass auf dich auf kleine Meerjungfrau! Wir  werden uns bestimmt irgendwann wieder sehen!”. “Jahaaaaaa” Ich drehe mich nochmal um  und winke meinem neuen Freund zu. “Grüß deine Familie!!!”

Mit einem Ruck stoße ich durch die Wasseroberfläche. “Wow”. Es ist Nacht, viele Sterne  sind am Himmel zu sehen. Vor mir liegt das Festland. Ein weiter Strand. Langsam  schwimme ich auf ihn zu. Noch ist niemand zu sehen. Ob das mit den Beinen stimmt?  Skeptisch betrachte ich nocheinmal meine weiße Flosse. Als mich nur noch wenige Meter  vom Strand trennen, halte ich an. Ich erkenne zwei Menschen vor mir, die sich küssen und  innig umarmen. Was soll ich tun? Mich verstecken? Hektisch schaue ich mich um. Doch es  ist zu spät: “Na, wer bist du denn?”

Ältere Kimiko:  Mit einem lächeln im Gesicht betrachte ich die Szene, die sich unter mir abspielt. Stimmt, so  habe ich meine “große Schwester” kennen gelernt. Ich beobachte, wie mein jüngeres ich an  Land geht, sich die Flosse in Beine verwandeln und ich liebevoll von dem Pärchen umarmt  werden. Pipi. Wie geht es dir heute? Hast du deine Familie wieder gefunden?   Ich schließe die Augen. Als ich sie wieder öffne, befinde ich mich in meinem Bett. Es war nur einTraum. Ein Traum voller Erinnerungen.